Der amerikanische Schriftsteller Edgar Allan Poe hatte seltsame Interessen: Geisteskrankheit, Opiumrausch, die Liebe unter nahen Verwandten, das Lebendigbegrabensein, die Wiederauferstehung von Totgeglaubten oder das Sterben schöner junger Frauen zählen zu den Lieblingsmotiven in seinen berühmten Kurzgeschichten. Kaum einem gelingt es aber, gleichzeitig und auf zart-poetische Weise über diese menschlichen Urängste und über Freundschaft, Empathie und eine Liebe über den Tod hinaus zu sinnieren. Poe und sein Werk eignen sich deshalb ganz besonders als Paten unseres Konzertes, in dem hauptsächlich Musik aus dem England des 16. und 17. Jahrhunderts erklingt.
Finstere Akzente und dunkle Farben sind typisch für die Denkweise dieser politisch, religiös und wissenschaftlich zutiefst verunsicherten Epoche. Hinter dem, was man zuweilen die »Melancholie des 17. Jahrhunderts« nennt, steckten der Zweifel und die Verwirrung des Menschen angesichts seiner Dualität als irdisches Geschöpf, das sich nach der Ewigkeit sehnt. Ganz besonders England wird von dieser morbiden Welle berührt, und am Ende der elisabethanischen Herrschaft und der Zeit Jakobs I. wird hier die Melancholie zum Inhalt eines neuen Kults, dem sich auch die Komponisten leidenschaftlich widmen.