Der Kammermusik im Quadrat widmen wir eine eigene kleine, aber feine AboReihe. Das musikalische Zentrum dieses Zyklus im Kleinen Saal ist unser hauseigenes, hochgeschätztes Viktoria Quartett. Ergänzt wird die Reihe durch Kolleginnen und Kollegen der BoSy in unterschiedlichen Zusammensetzungen und illustre Gäste.
Kuriositäten
Joseph Haydn war ein Vielschreiber mit schier unerschöpflicher Kreativität, allein in einer seiner wichtigsten musikalischen Gattungen, dem Streichquartett, brachte er es auf 68 Werke. Ganz nebenbei hat er damit das Genre in eine neue Richtung weiterentwickelt: Die Linien der vier Instrumente wirken nun frei, gesanglich und virtuos, im Zusammenspiel so unabhängig voneinander wie nur möglich. Sein »Traum« ist ein heiteres Stück in gelöster Stimmung. Freuen Sie sich besonders auf den ruhigen und zarten, meist piano erklingenden langsamen Satz!
Harmonische Dissonanzen
Das Isidore Quartet steht in der Tradition des Juilliard Quartet, nach dessen legendärem Geiger Isidore Cohen es sich benannt hat. 2019 in New York gegründet, gewannen die vier Musiker 2022 den 14. Internationalen Streichquartett Wettbewerb in Banff (Kanada) und wurden 2023 mit dem Avery Fisher Career Grant ausgezeichnet.
Der individuelle Klang und die ausgesprochen lebendigen Interpretationen gehören ebenso zu den Charakteristika des Isidore Quartets wie die Idee, sich dem bewährten Repertoire so zu nähern, als sei es brandneu und dem Neuen so, als sei es bereits fest im Kanon etabliert – neugierig, respektvoll, offen. Diese Herangehensweise spiegelt sich auch in den Programmen, und so stehen hier Mozart und Beethoven gleichberechtigt neben Childs – und die Überraschung wird nicht
unbedingt das zeitgenössische Werk sein …
Lebenslinien
Anton Webern fasste den Plan zu einem Streichquartett 1905 während eines Wanderurlaubs mit seiner Cousine Wilhelmine Mörtl, in die er sich unsterblich verliebt hatte und die er 1911 auch heiratete. Das Werk blieb Fragment, Webern vollendete nur den langsamen Satz. Dieser ist fast orchestral angelegt, die Harmonik weitgehend tonal, auch wenn Webern durchaus ihre Grenzen auslotet - allerdings immer mit Verweisen auf die Klangwelt der Spätromantik.
Das „Mishima Streichquartett“ (Streichquartett Nr. 3) von Philip Glass erschien ursprünglich als Teil der Filmmusik für „Mishima“ von Filmemacher Paul Schrader. Der Film folgt einer komplexen Erzählstruktur, die das Leben des berühmten zeitgenössischen japanischen Autors in drei Teile teilt - seine Kindheit, seine reifen Jahre und seinen letzten Tag. Diese Struktur übernimmt auch das Streichquartett und erzeugt damit eine musikalisch-kaleidoskopische Vision von Mishimas Leben.
Als Bedřich Smetana im Jahre 1876 sein Quartett in e-Moll in düsteren, trostlosen Farben beendete, war er schon zwei Jahre völlig ertaubt. Viele Musikfreunde kennen die die schicksalhafte Stelle im vierten Satz, an der die Violine in extrem hoher Lage einen Tinnitus und den Beginn der Krankheit symbolisiert. Die vorangehenden Sätze erzählen allerdings heiter von glücklicheren Stationen aus dem Leben des Komponisten, und auch, wenn Smetana es nicht mehr erlebt hat: Sein Streichquartett zählt heute zu den berühmtesten Werken der Gattung überhaupt.